Die Fohlengeburt

Ein gesundes und munteres Fohlen – das ist das Ziel eines jeden Pferdezüchters. Dazu gehört, dass alles für die Geburt perfekt vorbereitet ist und diese reibungslos ablaufen kann. Dazu haben wir Ihnen ein paar Tipps zusammengestellt, die Sie bei der Fohlengeburt beachten sollten.

Gute Vorbereitung ist wichtig

Ungefähr acht Wochen vor dem errechneten Geburtstermin sollte die Stute in den Abfohlstall umgestallt werden. Das dient der Anpassung der Antikörper der Stute, da Fohlen ohne funktionierendes Immunsystem geboren werden. Die Antikörper der Mutter werden über die Kolostralmilch auf das Fohlen übertragen. Deshalb ist die rechtzeitige Aufnahme einer ausreichenden Milchmenge essenziell.

Sechs Wochen vor der Geburt fängt das Euter deutlich an zu wachsen.

Sie sollten frühzeitig die Überwachung der Stute überprüfen und das jeweilige System vorab auf Funktion kontrollieren. Dies kann beispielsweise ein Testanruf vom Abfohlgurt oder vom Chipsystem sein, oder die Einstellung der Kamera. Die Abfohlbox sollte großzügig mit Stroh eingestreut und geräumig sein, um ausreichend Platz für Stute und Fohlen zu bieten.

Speichern Sie sich frühzeitig die Notfallnummern in Ihrem Smartphone ab, wie die Telefonnummer Ihres Tierarztes, der Klinik oder dem Ammenstutenservice. Sollte doch die Hilfe des Tierarztes benötigt werden, haben Sie bereits alles griffbereit.

Alles parat?

Legen Sie sich saubere Handtücher, Einmalhandschuhe und Strohband zum Hochbinden der Nachgeburt bereit.

Durch das Hochbinden der Nachgeburt stellen Sie sicher, dass die Stute nicht darauftreten kann und zudem möglichst wenig Keime an sie gelangen. Sie wird dann durch ihr Eigengewicht langsam von der Gebärmutter abgelöst.

Die Nachgeburt ist eine Eintrittspforte für Keime und sollte keinesfalls im Prozess der Ablösung im Stroh hängen. Im schlimmsten Falle tritt die Stute darauf und reißt diese von der Gebärmutter ab. Das kann dazu führen, dass Teile der Nachgeburt in der Stute verbleiben und Vergiftungserscheinungen auftreten. Nachgeburtsverhalten ist bei Stuten ein akuter Notfall und muss sofort tierärztlich behandelt werden!

Zur Kontrolle auf Vollständigkeit sollte die Nachgeburt aufbewahrt werden und dem Tierarzt gezeigt werden. Sie können sie auch mit Wasser befüllen um zu testen, ob sie vollständig ist.

Ein Mittel der Wahl sollte zur Nabeldesinfektion bereitgestellt sein. Betaisodona eignet sich zum Beispiel in ein Schnapsglas gefüllt gut zur Desinfektion. Bitte ziehen Sie dazu Handschuhe an und wiederholen die Desinfektion mehrmals (bis zum vierten Lebenstag ca. 4x täglich). Der Nabel sollte in den ersten 14 Lebenstagen regelmäßig auf Schwellungen, Schmerzhaftigkeit und weitere Auffälligkeiten kontrolliert werden. Er ist die Eintrittspforte für Keime in den Fohlenkörper.

Weitere sinnvolle Utensilien sind ein Klistier, pH-Teststreifen und eine Babyflasche.

Das Klistier wird eingegeben, um dem Fohlen das Absetzen des Mekoniums zu erleichtern. Dies bezeichnet den ersten Stuhlgang des Fohlens und wird auch Darmpech genannt. Insbesondere Hengstfohlen fällt es anatomisch schwieriger das Darmpech abzusetzen.

Mit handelsüblichen pH-Teststreifen aus der Apotheke kann die Milch der Stute bereits vor der Geburt getestet werden. Sie können vorsichtig einen Tropfen Milch aus dem Euter der Stute auf den Teststreifen drücken, um den pH-Wert zu ermitteln. Kurz vor der Geburt fällt der pH-Wert der Milch auf 6,2 ab.

Foto: pH-Teststreifen, Canva

Bei lebensschwachen Fohlen, die Probleme mit dem Aufstehen und Saufen haben, können etwa 100ml Kolostrum abgemolken werden und mit einer Babyflasche dem Fohlen verabreicht werden. Das Nuckelloch der Flasche sollte dazu etwas vergrößert werden.

Der zeitliche Ablauf

Grundsätzlich sind die angegebenen Zeiten nur Richtwerte. Jede Stute und jedes Fohlen ist individuell.

Anzeichen für die bevorstehende Geburt

In den Tagen vor der Geburt bereitet sich der Körper der Stute bereits auf diese vor. Dazu gehört, dass die Beckenbänder weich werden und die Kruppe einfällt. Außerdem sind bei den meisten Stuten Harztropfen am Euter erkennbar, die ein klares Zeichen für die baldige Geburt sind. Bei jüngeren Stuten und Maidenstuten können diese erst deutlich später oder gar nicht sichtbar sein.

Öffnungsphase

Die Öffnungsphase dauert ca. 1-4 Stunden. Der Muttermund der Stute öffnet sich dabei und sie stellt das Fressen ein. Die Stute zeigt unruhiges Verhalten, scharrt, schwitzt, setzt häufig Kot ab und legt sich hin und steht wieder auf. Beobachten Sie Ihre Stute und halten Sie sich im Hintergrund, um sie nicht zu stören.

Austreibungsphase

Die Austreibungsphase ist relativ kurz und sollte maximal 30 Minuten andauern. Die starken Wehen befördern das Fohlen in den Geburtskanal und schieben es durch Kontraktionen der Bauchmuskulatur und der Gebärmutter vorwärts. Die meisten Stuten legen sich in dieser Phase hin.

Fohlen werden gewöhnlich in der sogenannten „gestreckten oberen Vorderendlage“ geboren. Dabei sehen Sie zuerst die Vorderbeine, welche mit der Hufsohle nach unten zeigen und dann darüber die Nüstern des Fohlens. Die Eihäute sollten geöffnet werden, damit das Fohlen atmen kann und kein Fruchtwasser in die Lunge gerät. Nachdem der Schultergürtel aus dem Geburtskanal ausgetreten ist, geht alles ganz schnell. Die Nabelschnur darf nicht durchgeschnitten werden, sie reißt von selbst, wenn die Stute aufsteht und versorgt das Fohlen weiterhin mit Blut aus der Plazenta, so lange die Stute noch liegt.

Erste Aufstehversuche und erstes Stehen

Das Fohlen sollte nach 15 Minuten in Brustlage liegen und nach 20-30 Minuten erste Aufstehversuche starten. Nach ungefähr einer Stunde sollte das Fohlen auf den Beinen sein und das Euter suchen.

Kolostrum

Das Fohlen sollte circa einen Liter Kolostralmilch in den ersten 8 Lebensstunden aufnehmen. Mit der ersten Milch nimmt das Fohlen alle lebenswichtigen Antikörper auf. Bereits nach 12 Stunden nimmt die Durchlässigkeit der Darmschranke deutlich ab.

Foto: säugendes Fohlen, Anna Christians

Nachgeburt

Der Abgang der Nachgeburt sollte nach spätestens zwei Stunden abgeschlossen sein. Wenn die Nachgeburt nach sechs Stunden noch nicht abgegangen ist, sollte der Tierarzt umgehend verständigt werden, dieser muss die Nachgeburt dann vorsichtig ablösen. Nachgeburtsverhalten ist ein akuter Notfall!

Abgang des Darmpechs und Harnabsatz

Das Darmpech sollte in den ersten sechs Lebensstunden abgesetzt werden, der Harnabsatz sollte in den ersten 12 Lebensstunden beobachtet werden.

Für den Notfall gut gerüstet

Im Blogartikel „Was tun im Notfall“ haben wir alles Wichtige für Sie zusammengefasst.

„Jede Geburt ist ein ganz besonderes und immer wieder beeindruckendes Ereignis.“
Gerd Sosath

Für Sie auf einen Blick:

Checkliste

Checkliste (Druckversion ohne Bild)

Anna Christians hat Agrarwissenschaften mit dem Schwerpunkt Nutztierwissenschaften studiert und ist seit 2021 im Büroteam des Hof Sosath tätig. Ihre Hauptaufgaben sind das Bestandsmanagement, die Züchterbetreuung sowie die Social Media Arbeit.

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