Fütterung von Stute und Fohlen

Die gesunde Aufzucht des Fohlens – Wechselspiel zwischen Fütterung und Bewegung
Jeder Züchter wünscht sich fruchtbare Mutterstuten, die gesunde Fohlen auf die Welt bringen. Viele Faktoren, wie Licht, Temperatur, Bodenqualität und Genetik, beeinflussen Erfolg und Misserfolg in der Pferdezucht. Von allen Umweltfaktoren, die auf die Fruchtbarkeit der Stuten, sowie auf das Wachstum und die Entwicklung der Fohlen einwirken, kann der Züchter die Fütterung am besten beeinflussen. Viele Probleme in der Zucht und Aufzucht von Pferden lassen sich durch eine pferdegerechte und an die speziellen Bedürfnisse der Entwicklung angepasste Ernährung vermeiden. Gerade weil die Kosten für die Besamung und Haltung der Zuchtstuten hoch sind, muss alles Denkbare getan werden um die genetischen Möglichkeiten zur Ausprägung zu bringen, denn die Fütterung des Fohlens beginnt im Mutterleib!
Die Stute in der Hochträchtigkeit
Die Fütterung in den letzten drei Monaten der Trächtigkeit ist entscheidend für die spätere Entwicklung des Fohlens. Bei einem späten Abfohltermin, etwa Anfang Mai, gestaltet sich die Fütterung der hoch tragenden Stuten relativ problemlos, da über einige Stunden Weidegang der Bedarf an Protein, aber auch an Vitaminen, wie zum Beispiel Vitamin E und ß- Carotin als Vorstufe zu Vitamin A leicht aus dem Weidegras gedeckt werden kann. Lediglich die Versorgung mit Mineralstoffen, den Mengen- und Spurenelementen muss über ein Ergänzungsfutter, ein Mineralfutter oder eine Leckmasse gedeckt werden. Diese Situation des späten Abfohltermins entspricht den natürlichen Bedingungen in der freien Wildbahn. Sie ist in der Pony- und Kleinpferdezucht weit verbreitet und wäre auch für die Warmblutund Vollblutzucht von Vorteil. Aus Vermarktungsgründen werden oft Fohlengeburten bereits im Januar und Februar angestrebt, dies führt zu schwierigen Bedingungen in der Fütterung der hoch tragenden- und anschließend der Milch produzierenden Stute.
Der Bedarf an Aminosäuren, den Bausteinen des Proteins sowie an Vitaminen und Mineralstoffen ist vom 9.- 11. Trächtigkeitsmonat deutlich höher. Allein in den letzten beiden Monaten entstehen 45 % der Geburtsmasse. Mangelsituationen in dieser Phase beeinträchtigen die Skelettentwicklung des ungeborenen Fohlens. Vor allem Mangelsituationen bei Calcium, Phosphor sowie den Spurenelementen Kupfer und Zink werden im Zusammenhang mit Entwicklungsstörungen von Knochen, Sehnen, Bändern und Gelenkknorpeln in Zusammenhang gebracht. Mit Protein und Energie unterversorgte Stuten bringen unterentwickelte und lebensschwache Fohlen zur Welt. Selenmangel in der Trächtigkeit kann zu Muskelstoffwechselstörungen und mangelndem Saugreflex beim Fohlen führen. Von allen Haustierarten hat das Pferd den höchsten Mineralstoffbedarf für die Entwicklung des Skeletts vor der Geburt!
In den letzten Tagen vor der Geburt reduziert sich der Anteil an Grobfutter in der Ration, den die Stute freiwillig frisst. Aufgrund des durch das wachsende Fohlen knapper gewordenen Raumes nimmt die Stute weniger Grobfutter auf: Hohe Stroh- und Heumengen würden je nach Größe und Lage des Fohlens und Anatomie der Stute zu unnötigem Druck auf Magen und Zwerchfell führen und die Funktion der inneren Organe, wie Herz, Lunge und Verdauungssystem behindern. Hier hilft die Zufütterung leicht verdaulicher und appetitanregender Futterkomponenten, wie Äpfel und Möhren in Mengen von 1-2 kg / Tag sowie von hochwertigem Pflanzenöl wie Leinöl mit 2 x 75 ml / Tag den Verdauungstrakt anzuregen und Verstopfungen zu vermeiden. Ebenso wichtig für Wohlbefinden und Verdauungstätigkeit ist Bewegung der hoch tragenden Stute, bis zum letzten Tag vor dem Abfohlen. Gut bewegte Stuten, die ausreichend mit allen lebensnotwendigen Nährstoffen versorgt sind, haben in der Regel vitale und gesunde Fohlen.
Die Fütterung der säugenden Stute
Die Milchbildung der Stute ist eine biologische Höchstleistung. Die Stute benötigt hierfür in den ersten drei Monaten so viel Energie wie ein Rennpferd und dabei das Dreifache der Proteinmenge, die ein Sportpferd benötigen würde. Dieser Vergleich macht die außerordentliche Stoffwechselleistung der Stute deutlich. Die Milchproduktion der Stute reagiert auf die „Nachfrage“ des Fohlens, sie erreicht am Ende des ersten Laktationsmonats bei einer modernen Warmblutstute mit bis zu 25 Liter / Tag ihren Höhepunkt. Erhält die Stute nicht die hierfür erforderlichen Nährstoffe in ausreichender Menge und Qualität über das Futter, müssen Körperreserven mobilisiert werden. Es kann leicht zu Stoffwechselstörungen kommen, und die nächste Trächtigkeit ist in Gefahr, wenn es überhaupt zu einer fruchtbaren Rosse kommt. Die vor der Geburt deutlich geringere Grobfutteraufnahme steigt nach der Geburt wieder deutlich an, Grobfutter sollte zur freien Aufnahme zur Verfügung stehen. Betrachtet man die durchschnittlichen Nährstoffgehalte, die durch Heu in Deutschland in der Rationsgestaltung berücksichtigt werden können, wird klar, dass hochwertiges Krippenfutter ergänzt werden muss. Die folgende Grafik zeigt die Versorgung durch 10,5 kg (Frischmasse) Heu / Tag mit dünndarmverdaulichem Rohprotein, umsetzbarer Energie sowie den wichtigen Spurenelementen Kupfer und Zink. Der Grafik liegen 71 Heuproben aus ganz Deutschland zugrunde.

Für den Züchter ist es wichtig zu wissen, dass der Gehalt an dünndarmverdaulichem Protein von Heu zu Heu stark schwanken kann (Ø 43g/kg FS, ± 15g). Die Proteinversorgung sollte über ZuchtstutenErgänzungsfutter oder entsprechende Proteinkonzentrate gedeckt werden. Selbst bei Weidegang kann eine zusätzliche Gabe von Kraftfutter erforderlich sein, vor allem, wenn der Grasaufwuchs noch gering- oder bereits überständig ist. Gegenüber den gefundenen Proteingehalten erscheint ein durchschnittlicher Energiegehalt von 6 MJ umsetzbarer Energie pro kg Frischmasse als mit weniger Schwankung behaftet. Sehr häufig resorbieren Stuten, die ein Fohlen bei Fuß haben, nach einer Bedeckung den neu angelegten Embryo vor allem aufgrund mangelnder Energieversorgung. Daher gilt: Die Energieversorgung der Stute ist in jedem Fall durch energiereiche Kraftfutterzulage sicherzustellen. Ähnlich sieht es bei den Spurenelementen Kupfer und Zink aus. Die Kupferversorgung muss in jedem Fall über ein Krippenfutter oder eine Leckmasse abgesichert werden. Den Zinkbedarf decken theoretisch einige Heuqualitäten, absichern lässt sich auch dieser Bedarf nur über sinnvolle Zufütterung. Grundsätzlich ist für eine gezielte Zufütterung die Untersuchung des Grobfutters auf dünndarmverdauliches Protein, umsetzbare Energie sowie Kalzium, Phosphor, Kupfer und Zink empfehlenswert. Fazit: Je früher der Abfohltermin, desto wichtiger die Zufütterung, insbesondere wenn noch kein Weidegang möglich ist. Solche frühen Abfohltermine sind auch nur dann zu empfehlen, wenn ausreichend Bewegungsmöglichkeiten für Stuten und Fohlen bestehen, denn die Bewegung in den ersten Lebensmonaten „programmiert“ die Belastbarkeit des erwachsenen Pferdes, im Rahmen seiner genetischen- und haltungstechnischen Möglichkeiten.
Die Beifütterung des Fohlens
Die Beifütterung des Fohlens sollte so früh wie möglich aus einem getrennten Fohlentrog erfolgen. Vor allem für Fohlen mit einem hohen Vollblutanteil reicht die Milch schon ab dem 30. Tag nicht mehr aus. Eine Beifütterung mit Spezialergänzern, Fohlenstartern oder speziellen Mineralfuttern für Saugfohlen ist zur Vermeidung von Nährstoff- Imbalancen unbedingt empfehlenswert. Die Gefahr der Osteochondrose (Chips) ist in den ersten Lebenswochen bei unterversorgten Fohlen mit Bewegungsmangel besonders hoch. Hier bewahrheitet sich die alte Züchterregel: Gut füttern und gut bewegen!
Fohlenaufzucht und Fohlenfütterung
Eine gut versorgte Stute wird eher ein gesundes Fohlen mit hohem Geburtsgewicht zur Welt bringen. Spätestens ein bis zwei Stunden nach der Geburt wird das Fohlen aufstehen und saugen. Die Versorgung des Fohlens mit der Muttermilch (Kolostralmilch) ist absolut notwendig. Die erste Milch ist innerhalb der ersten 24 bis 36 Stunden mit hohen Mengen an wertvollen Schutzstoffen, den Immunglobulinen, ausgestattet. Hiermit wird das Fohlen äußerst wirksam gegen Krankheitserreger geschützt, indem die Immunkompetenz der Stute auf das Fohlen übertragen wird. Leidet die Stute unter Milchmangel oder geht sie ein, sollte versucht werden Kolostralmilch von anderen Stuten zu gewinnen. In größeren Betrieben oder Gestüten empfiehlt es sich, von vornherein Kolostralmilchreserven einzufrieren, die bei Bedarf aufgetaut werden können. Äußerst wichtig für die Entwicklung einer gesunden Darmflora des jungen Fohlens ist die Aufnahme von Kot der Mutterstute. Die frisch abgesetzten, warmen Pferdeäpfel enthalten übrigens noch keine ansteckungsfähigen Wurmlarven, sodass die Gefahr der Verwurmung hierbei nicht gegeben ist. Neben den von den Bakterien im Dickdarm gebildeten B- Vitaminen enthalten die Kotballen wertvolles, bakteriell gebildetes Protein. Machen Sie sich also keine Sorgen, wenn Fohlen frischen Kot aufnehmen. Dieses Verhalten ist völlig normal. Nach wenigen Tagen wird das Fohlen bereits, kleine Mengen an festem Futter, in Nachahmung der Mutter fressen. Dies ist für die Ausbildung des Verdauungstraktes sehr wichtig. Nach bereits einem Monat reicht die Milchleistung der Stute häufig nicht mehr für die Ansprüche von Warmblut-, Kaltblut- und Vollblutfohlen aus. Eine gezielte Beifütterung mit speziellem Fohlenaufzuchtfutter ist notwendig. Hierbei ist besonders auf die Versorgung des Fohlens mit lebenswichtigen Aminosäuren (vor allem Lysin, Threonin und Tryptophan) zu achten. Zu beachten ist auch, dass das Calcium-Phosphor-Verhältnis in dieser Phase bis zum Absetzten deutlich enger zu gestalten ist, als dies in älteren Empfehlungen zu lesen war: Untersuchungen auf Zuchtbetrieben belegen, dass auch Phosphor bei Saugfohlen häufig im Mangel ist. Das Verhältnis Calcium: Phosphor sollte daher etwa nur 1,3: 1 betragen. Eine Überversorgung mit Calcium sollte unbedingt vermeiden werden. Wichtig ist die Versorgung mit Kupfer, Zink und Selen. Die in letzter Zeit häufig diskutierten Chips, wissenschaftlich unter dem Begriff Osteochondrose (OCD) erfasst, können neben genetischen Ursachen und Bewegungsmangel auch auf Imbalancen in der Mengen- und Spurenelementversorgung beruhen. Aktuelle Untersuchungen belegen, dass durch gezielte Beifütterung von Fohlen, die Gefahr von OCD reduziert werden kann. Hier sollten Mineralstoffpasten und Mineralfutter eingesetzt werden, die speziell auf die Bedürfnisse des Fohlens abgestimmt sind. Zu beachten ist jedoch, dass auch die beste Mineralstoffausstattung des Fohlenfutters nichts nützt, wenn die Fohlen keine Bewegung haben. Knochen sind keine statischen Gebilde, sondern unterliegen dauernden Aufbau-, Abbaubzw. Umbauvorgängen. Erst durch Bewegung werden Spongiosa- Bälkchen, die Mineralkristalle entsprechend den Zug- und Druckbelastungen in den Knochen eingebaut. Daher sollte die tägliche Bewegung des Fohlens vom ersten Tag an für einen verantwortungsvollen Züchter eine Selbstverständlichkeit sein.
Quelle: Derby Pferdefutter.
Weiterführende Literatur: Hans-Peter Karp: Gesunde Pferdefütterung